(München, 11. Mai 2022). Insbesondere auf Zinshausbesitzer und Kapitalanleger
kommt in den nächsten Monaten einiges an Arbeit zu. Sie müssen zwischen 1.
Juli und 31. Oktober 2022 für jede Wohnimmobilie eine Feststellungserklärung
oder auch Grundsteuererklärung bei ihrem Finanzamt einreichen. „Allein für das
Ausfüllen eines Steuerformulars sind ein bis zwei Stunden anzusetzen. Das
Zusammentragen der notwendigen Daten wie Bodenrichtwert, Baualtersklasse
oder Mietniveaustufe kann je nach Objekt und Dokumentenverfügbarkeit
nochmals Tage oder Wochen dauern“, sagt Rudolf Naßl, Mitglied des Vorstands
der auf Immobilienbesitzer in der Metropolregion München spezialisierten
Hausbank München eG. Für Anleger mit Objekten in mehreren Bundesländern
wird es noch aufwändiger.
Countdown für Grundsteuerreform läuft: Insbesondere Eigentümer von mehreren Immobilien sollten zeitnah tätig werden
Obwohl die neue Grundsteuer für Wohnimmobilien erst zum 1. Januar 2025 in ganz
Deutschland startet, müssen Eigentümer bereits zwischen 1. Juli und 31. Oktober
dieses Jahres aktiv werden. Allein in Bayern müssen rund 6,5 Millionen Häuser,
Wohnungen und Grundstücke steuerlich neu bewertet werden. „Wir raten
Immobilienbesitzern, möglichst zeitnah mit dem Zusammentragen der für die
Erklärung erforderlichen Daten zu beginnen. Insbesondere wer mehrere Immobilien
besitzt, möglicherweise auch noch in unterschiedlichen Bundesländern, darf den
zeitlichen Aufwand nicht unterschätzen“.
Laut Naßl könnte sich das Beschaffen der Daten deswegen aufwändiger als erwartet
gestalten, weil je nach Bundesland unterschiedliche Regelungen gelten und somit
unterschiedliche Daten an das Finanzamt übermittelt werden müssen. Besonders bei
älteren Immobilien ist Naßl zufolge das Zusammentragen der erforderlichen Daten
zeitaufwändig, weil oftmals bestimmte Daten oder Unterlagen nicht oder nicht mehr
vorhanden seien. So müssen Eigentümer beispielsweise bei einer unbekannten
Wohnfläche einen Architekten mit der Vermessung beauftragen oder fehlende
Unterlagen bei der zuständigen Behörde anfordern.
Bayerisches Flächenmodell schlanker als Bundesmodell
Als Teil der Grundsteuerreform hat der Gesetzgeber zwar ein sogenanntes
Bundesmodell entworfen, das neun Bundesländer übernommen haben. Bayern und
sechs weitere Länder – Baden-Württemberg, Hessen, Niedersachsen, das Saarland,
Sachsen und Hamburg – haben jedoch eigene Grundsteuergesetze erlassen.
Eigentümer von Immobilien in Bayern können laut der Hausbank München zumindest
etwas aufatmen. Im Freistaat ist die Bemessungsgrundlage für die Grundsteuer
ausschließlich die Grundstücks- und Gebäudefläche sowie die Nutzungsart. Wert und
Lage des Grundstücks sowie Alter und Zustand des Gebäudes bleiben
unberücksichtigt. Die Fläche des Grundstücks kann der Eigentümer dem
Grundbuchauszug entnehmen beziehungsweise bei Eigentumswohnungen anteilig
aus der Teilungserklärung errechnen. Alternativ lassen sich die Daten über die
Webseite des Bayerischen Landesamts für Digitalisierung, Breitband und Vermessung
abrufen (https://www.ldbv.bayern.de/aktuell/archiv/3098.html,
https://www.ldbv.bayern.de/produkte/grundsteuer.html).
In neun Bundesländern erwartet Eigentümer besonders viel Steuerarbeit
Für die Grundsteuerermittlung nach dem Bundesmodell (Berlin, Brandenburg,
Bremen, Mecklenburg-Vorpommern, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Sachsen-
Anhalt, Schleswig-Holstein und Thüringen) müssen Eigentümer dagegen
umfangreiche Daten beibringen: Bodenrichtwert, Grundstücks- und Wohnfläche,
Immobilienart, Baualtersklasse und Mietniveaustufe. Von allen Modellen erfordert das
Bundesmodell die meisten Daten. „Es will möglichst genau die Werte der Grundstücke
und Gebäude abbilden – steigende Bodenpreise können damit ab 2025 vielerorts zu
einer höheren Grundsteuer führen“, sagt Naßl. Das Saarland und Sachsen folgen
weitgehend dem Bundesmodell, weichen aber bei der Steuermesszahl ab. In Baden-
Württemberg gilt ein Bodenwertmodell, in Hamburg ein Wohnlagemodell. Hessen und
Niedersachsen rechnen ebenfalls Flächen und Wohnlagen, allerdings etwas anders
als Hamburg.
Allen Modellen gemeinsam ist das Berechnungsprinzip der Grundsteuer:
Grundsteuerwert mal Steuermesszahl mal Hebesatz gleich Grundsteuer. Den
Grundsteuerwert ermittelt das Finanzamt anhand der Feststellungserklärung. Die
Steuermesszahl ist gesetzlich festgelegt. Den Hebesatz legt jede Stadt
beziehungsweise Gemeinde selbst fest.
Eigentümer zum Stichtag 1. Januar 2022
Ebenfalls für alle Modelle gilt: Jeder, der am 1. Januar 2022 Eigentümer einer
Immobilie war, muss eine Grundsteuererklärung abgeben. Befindet sich die Immobilie
im Eigentum mehrerer Personen, müssen diese gemeinsam eine Erklärung abgeben.
Liegt auf dem Grundstück ein Erbbaurecht, muss der Erbbauberechtigte die Erklärung
einreichen. Der Erbbauverpflichtete, an den der Grund nach dem Ende des
Erbbaurechts zurückfällt, ist jedoch zur Mitwirkung bei der Erklärung verpflichtet.
Befindet sich ein Gebäude auf einem fremden Grundstück, ist der
Grundstückseigentümer verpflichtet, die Erklärung unter Mitwirkung des Eigentümers
des Gebäudes abzugeben.
Die Feststellungserklärungen müssen zwischen 1. Juli und 31. Oktober 2022
elektronisch über das Online-Portal www.elster.de an die Finanzverwaltung übermittelt werden. Wem eine elektronische Abgabe nicht möglich ist, der kann die Erklärung auf Papier einreichen. Die entsprechenden Vordrucke inklusive Ausfüllanleitungen sind jedoch erst ab Juli 2022 bei den Finanzämtern und den Kommunen erhältlich beziehungsweise in Bayern über die Webseite www.grundsteuer.bayern.de abrufbar. Eigentümer, die ihre Daten nicht bis Ende Oktober 2022 abliefern, müssen mit Sanktionen und Verspätungszuschlägen rechnen – im schlimmsten Fall mit bis zu 25.000 Euro Zwangsgeld. Außerdem kann das Finanzamt die Schätzung der Daten vornehmen, die zu Ungunsten der Eigentümer ausfallen kann.
Hintergrund Grundsteuerreform
Die Grundsteuer ist mit einem jährlichen Aufkommen von fast 15 Milliarden Euro eine
der wichtigsten Einnahmequellen für Städte und Gemeinden, die damit einen Teil der
kommunalen Infrastruktur finanzieren. Sie ist einmal jährlich fällig. Mit ihr wird das
Eigentum oder Erbbaurecht an Grundstücken und deren Bebauung besteuert. Aktuell
erfolgt die Berechnung der Grundsteuer auf der Grundlage veralteter Einheitswerte.
Diese stammen in Ostdeutschland aus dem Jahr 1935, in Westdeutschland aus dem
Jahr 1964. Aufgrund der veralteten Werte wurden vergleichbare Objekte bisher
teilweise völlig unterschiedlich bewertet, was zu großen Abweichungen bei der Höhe
der Grundsteuer führte. Das Bundesverfassungsgericht hatte deshalb im Jahr 2018
das geltende Grundsteuergesetz wegen Verstoßes gegen das Gleichheitsprinzip für
verfassungswidrig erklärt und den Gesetzgeber zur Reform aufgefordert. Um die
Aktualität der Werte zu gewährleisten, erfolgt zukünftig alle sieben Jahre eine
Neubewertung der Wohnimmobilien. Abgeben müssen die Erklärung alle Eigentümer,
die zum Stichtag 1. Januar 2022 eine Immobilie besessen haben – egal ob sie diese
jetzt noch besitzen oder danach veräußert haben.